„Der Auferstehungsglaube ist nicht die Lösung des Todesproblems“ – eine hellsichtige Formulierung des Theologen Dietrich Bonhoeffer, die er während seiner Haft notierte. Es ist nicht das Todesproblem, das uns gefangen nimmt, sondern ein Netz von vielerlei schwer fassbaren Todeserfahrungen, die auch nach diesem Auferstehungsfest Ostern uns begleiten. Es sind Abschiede, die uns tief treffen, Abschiede von geliebten Menschen, von vertrauten Orten, von gern geleisteter Arbeit. Abschied zu nehmen von dem, was wir lieben, ist nie leicht. Diese Erfahrungen wirken wie schlecht verheilte Verletzungen, sie schmerzen , sie werfen lange Schatten auf jeden Tag unseres Lebens. Die Bibel hat dafür das Wort „Todesschatten“. Das ist nicht nur Resignation, es ist manchmal, als ob die Flamme der Liebe allmählich erlischt. Fachleute nennen diese Erfahrung Depression, für die Betroffenen aber ist es schwer, einen Namen dafür zu finden.
Dietrich Bonhoeffer will, dass von Gott „nicht an den Grenzen, sondern in der Mitte“ unseres Lebens geredet wird. Gegen Erfahrungen helfen keine Bekenntnisse, Glaubensdiktate oder – das schlimmste – Belehrungen. Gegen Erfahrungen helfen nur Erfahrungen, Erfahrungen der Liebe, des Vertrauens, die uns aufrichten, die uns wieder herstellen, die uns auf die eigenen Füße und Beine stellen, die uns wieder aufstehen lassen. „Aufstehen“ ist das wichtigste Wort von Ostern, ein Wort des Widerspruchs und des Widerstands. „Auferstanden aus Ruinen“, so besang in biblischer Sprache die alte Nationalhymne der DDR das neu begründete Gemeinwesen. Hätte sie diesem harten biblischen Kern jemals entsprochen, wäre vielleicht ein wieder aufgerichtetes „Neues Deutschland“ entstanden. Wolf Biermann sang von der Auferstehung als von der härtesten „Währung auf dem Markte, wo Hoffnung gehandelt wird“. Das Wort „Auferstehung“ ist ein Widerstandswort gegen jedes Am-Boden.liegen, jedes Niedergedrücktsein, gegen das „umlegen“, gegen das „flach machen“, gegen das von-den Füßen-holen, gegen kippen, fällen und umhauen. So singen die biblischen Psalmen: „Du lässt mich erfahren große Angst, doch du richtest mich wieder auf!“ und der Liederdichter Paul Gerhardt sagt: „Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder. Aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht“. Dies gilt es zu lernen: Eine Sprache, die dem Tod standhält.