Abendsegen | Sonnabend, 27. Februar 2021

Einen Augenblick bitte! Haben Sie einen Augenblick Zeit? Das Auge für einen kurzen Moment auf etwas richten. Eine kurze Zeitspanne, in der wir etwas erblicken oder entdecken. Zurzeit wird ein Augenblick zum langen Blick in die Augen des Mitmenschen. Der Augen-Blick hat mit dem Tragen der Maske neue Bedeutung erhalten. Wir sehen von unseren Mitmenschen „nur“ einen Augenblick.
Wenn die Augen nur das sind, was wir sehen vom Gesicht der anderen, dann lesen wir die Gesichtszüge des Gegenübers in den Augen. Das ist herausfordernd. Mir ist schon passiert, dass ich jemanden erst auf den zweiten Blick erkannt habe. Augenblicke dürfen so auch mal länger dauern.

Mit Masken im Gesicht erhalten die Augen eine größere Bedeutung. Oft kann ich erkennen, ob ein Lächeln die Augenwinkel umspielt oder ob Tränen rollen. Ich schaue die Menschen mit anderen Augen an. Wunderbar sagt es die Bibel: „Deine Augen sind Tauben“. Tauben sind so beweglich! Genießen wir jeden Augen-Blick, jede Blick-Botschaft, jeden Augen-Aufschlag. Ich wünsche Ihnen unvergessliche und berührende Augenblicke.

Unser Vater, segne unser Augen-Schließen und schenke uns einen ruhigen Schlaf. Weite morgen unseren Blick für die, die wenige Augen-Blicke empfangen!

Abendsegen | Freitag, 26. Februar 2021

Es ist Freitag-Abend und die jüdischen Gemeinden haben den Schabbat mit Gebeten, gutem Essen und dankbaren Liedern begonnen. Diese Lieder sprechen auch von bewegenden mit Konflikten mit Gott. Der Beter zieht alle Register, um seinen Schöpfer endlich zur Hilfe zu bewegen!
Psalm 30 nach der Übersetzung meines Berliner Kollegen Lorenz Wilkens

Zu Dir rief ich, o Gott, und du hast mich geheilt.
Du hast mich aus der Unterwelt geholt, mein Leben mir zurückgegeben von denen, die hinab müssen.
So singt dem Herrn, die ihr ihn liebt! Rühmt sein heiliges Gedenken!
Sein Zorn – er dauert einen Augenblick, ein Leben sein Erbarmen.
Am Abend herrscht das Weinen, am Morgen kommt der Jubel.
Du stellst mich, Herr, auf hohe Berge.
Doch als du dein Angesicht verbargst, kam über mich Entsetzen!
Mein Gott, mein Herr, ich rief zu dir und flehte:
Was nützt dir denn mein Blut, wenn ich in die Grube fahre? Könnte denn Staub dich preisen und deine Traue loben? Höre mich, o Herr, erbarme dich und komm zu Hilfe!
Mein Herr und Gott, ich will dich rühmen allezeit!

Abendsegen | Mittwoch, 24. Februar 2021

Wie oft haben Sie es heute gehört: Bleiben Sie gesund! Was ist eigentlich Gesundheit? Zu ihr gehört auch, mit einer Krankheit leben zu können. Notwendig im Sinne von Not wendend sind die Erkenntnis, dass das Leben sterblich ist, die Kraft der Hoffnung und ein lebhafter Optimismus – der Bedrohung zum Trotz! Ja, ein energischer Optimismus!

Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb: „Optimismus ist bei den Klugen verpönt. Es ist klüger, pessimistisch zu sein…man steht vor den Menschen nicht blamiert da…. Optimismus ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren, eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlgeschlagen scheint“. Damit schärft Bonhoeffer uns ein, den Optimismus als Willen zur Zukunft nicht verächtlich zu machen. Er ist die Gesundheit des Geistes. Diese Gesundheit des Geistes für die Zeit in und nach Corona wünsche ich uns. Diese Hoffnung muss wieder Atem bekommen.“

Unser Vater, schenke uns eine Nacht des ruhigen Atems; sei bei allen, denen er zu knapp wird und ausgeht. Du hast uns den Atem des Lebens geschenkt. Achte auf ihn bei uns allen.

Abendsegen | Dienstag, 23. Februar

„Bleiben Sie gesund“, drei Worte sind zur Verabschiedungsformel unserer Zeit geworden.
„Bleiben Sie gesund“ – eine liebenswürdig verlegene, eine zuversichtliche Formel in
zermürbender Zeit, ein guter Wunsch! Nach bald einem Jahr Pandemie schon ein wenig routiniert. Bleiben Sie gesund – da steckt eine Hoffnung drin. Hoffnung, dass die Impfungen bald Wirkung zeigen, Hoffnung, dass in der Nach-Corona-Zeit nicht alles, aber doch vieles wieder so sein wird wie vorher. Bleiben Sie gesund – was ist eigentlich Gesundheit? Die Abwesenheit von Krankheit oder die Immunität gegen sie? Gesund ist es, auch mit einer Krankheit leben zu können. Es ist eine Illusion, Krankheit, Schmerzen und Viren völlig entkommen zu können. Es geht darum, sie ins Leben zu integrieren. Dazu brauchen wir mehr als Medikamente und Impfungen. Das macht uns Gedanken, tagsüber und bei Nacht. Wir brauchen die Kraft der Hoffnung und einen lebhaften Optimismus. Und das weitere Gespräch.

Unser Vater, die Liebhaber des Lebens, wir bitten um deinen Segen, deinen Geist, der tröstet, verbindet und Neues schafft. Halte deine Hand schützend über die Erkrankten und alle, die sie pflegen!

Abendsegen | Montag, 22. Februar

Zum Zu-Hause-bleiben werden wir angehalten. So jähren sich nun auch bald die Absagen für
Verabredungen und Besuche. Jung und Alt geraten sich aus den Augen, gäbe es nicht
das Skypen, Zoomen und die anderen geheimnisvollen Praktiken, um uns von Angesicht
zu Angesicht zu begegnen.
Doch trotz vieler Absagen kennt das Leben viele Ansagen, wie meine Kollegin Jaqueline
Keune in ihrer „Corona-Litanei“ schreibt. Eine Litanei wird wiederholt, und was im August
2020 gesagt wurde, gilt weiterhin:
„Abgesagt – Haydn, Mozart und Schubert
Nicht abgesagt – das Cello im 3. Stock, das Lied der Amsel.
Abgesagt – der Gottesdienst
Nicht abgesagt – das Flüstern mit Gott
Abgesagt – die Hochzeit
Nicht abgesagt – die Liebe
Abgesagt – die große Beerdigung
Nicht abgesagt – die Auferstehung“

Unser Vater, segne unseren Schlaf mit Träumen voller freundlicher Ansagen, lass uns morgen
gut durchatmen bei allen Absagen

Quelle: Jacqueline Keune, Corona-Litanei, kath.ch. (27.3. 2020) Katholisches Medienzentrum, Zürich