Überall sind die Menschen jetzt wieder unterwegs, es ist Urlaubszeit, Ferien. Der lateinische Name feriae bezeichnete im alten Rom die registrierten Feiertage, an denen Arbeit und Rechtspflege ruhten. In der Wurzel des Wortes steckt auch unser Wort „Fest“. Ferien wären demnach Festtage der Arbeitsruhe und der Gottesverehrung. Die Arbeitsruhe hat sich durchgesetzt, der religiöse Sinn hat sich zum Fest zur großen Ausreise gewandelt. Doch halt, zu keinem Zeitpunkt des Jahres werden so viele Kirchen, wenn schon nicht zum Gottesdienst besucht, so doch zumindest besichtigt.
Ferien – verregnete Campingplätze, gestohlene Geldbörsen, streikende Piloten, dauerpausierende Lokführer, Sonnenbrände, Abschleppdienste, warme Sprudel – was soll das schon? Ferien!
Zum schönsten in den Ferien gehört ein kühler Trunk am Abend. Den gibt’s auch sonst, aber in einem slowenischen Weingewölbe, einem elsässischen Landgasthaus, auf einem umbrischen Bauernhof, in einem schwedischen Pfarrgarten, an einem mecklenburgischen Ostseestrand – das ist ein Vorgeschmack des Himmels.
So heißt es im biblischen Buch der Sprüche: „Ein kühler Trunk für eine lechzende Seele ist wie eine gute Kunde aus fernem Land.“ Am besten aus einem irdenem Krug, zum Sammeln, Schenken, Fassen und Ausgießen bestimmt, er erquickt die Kehle und damit Seele. Die Bibel kennt nur ein Wort für Seele und Kehle…
Ein kühler Trunk – das klingt im Deutschen, als stecke in den Worten schon der Krug, man sieht förmlich die Wasser- oder Weinperlen außen herabrinnen. Eine lechzende Seele, eine schmachtende Kehle, braucht eine Rast am eiskalten Bach. „Ein kühler Trunk für eine lechzende Seele ist wie eine gute Kunde aus fernem Land.“ – Gute Kunde, klingt etwas feierlich, altmodisch, aber jeder versteht, was gemeint ist: „Die Operation ist gelungen“ oder „Wir laden dich ein“ oder „Wir fangen nochmal an.“. Bei dieser Kunde jubelt die Seele wie die Kehle über einen kühlen Trunk. Diese Worte schrieb ich bei 35 Grad neben einem kühlen Krug für meine lechzende Seele.