Abendsegen | Sonntag, 27. 7.2014

Der Sonntag geht zu Ende; Zeit, für einen religiösen Witz:
Ein Mann kommt zur Himmelspforte. Petrus fragt: „Religionszugehörigkeit?“
„Baptist“. Petrus sagt: „Gehen Sie in Saal 28 und seien Sie möglichst leise, wenn Sie an Saal 8 vorbeikommen!“
Der nächste kommt. „Religion?“ fragt Petrus. „Lutheraner“. „Gehen Sie bitte in Saal 10, aber seien Sie leise auf der Höhe von Saal 8!“
Ein weiterer. „Religion?“ „Jude“. Gehen Sie bitte in Saal 12, aber ganz leise an Saal 8 vorbeigehen!“
Der Jude wendet ein: „Verschiedene Säle, gut, aber warum so ganz leise an Saal 8 vorbeigehen?“
Petrus: “In Saal 8 sind die Zeugen Jehovas und sie glauben, sie seien die Einzigen hier oben!“

Gott, segne uns und alle, denen wir in dieser Woche begegnen. Alle.

Abendsegen | Sonnabend, 26. 7.2014

„Das Wiedersehen“ heißt eine Kurzgeschichte von Bertolt Brecht. Sie steht in den Geschichten von Herrn Keuner.

„Ein Mann, der Herrn K. Lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: ‚Sie haben sich gar nicht verändert.‘
‚Oh!‘, sagte Herr K. Und erbleichte.“ Normalerweise gilt das als schönes Kompliment, wenn jemand, der uns lange nicht gesehen hat, sagt: Du hast dich aber gar nicht verändert! Wir glauben es zwar nicht, aber es tut so gut…
Und hier? „Du bist immer noch der Alte“, das jagt Herrn K. einen Schrecken ein. Nicht verändert, Stillstand, nicht gelebt. Tot.

Morgen ist Sonntag, der Feiertag des auferstandenen Jesus. Da hat sich einer verändert, unglaublich, aber wahr. Er sagte: Ich lebe, und ihr sollt auch leben.

Unser Vater, wir bitten um deinen Segen für alles, was du aus Liebe geschaffen hast, für das Leben unserer Lieben und unser eigenes! Das große Wort Auferstehung – lass es uns aufschlüsseln in viele kleine Worte füreinander.

Quelle: Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Band. 12, Prosa 2, 383, Suhrkamp 1967

Abendsegen | Freitag, 25. 7.2014

In diesen Stunden, am Freitagabend, feiern die Juden den Schabbat, wie Gott es ihnen geboten hat. Sie hören aus der Heiligen Schrift, der Thora, wie er beim Auszug aus Ägypten, bei der Wanderung durch die Wüste und beim Einzug ins Gelobte Land immer dabei gewesen ist. Er war kein himmlischer Uhrmacher, der irgendwann die Uhr des Weltlaufs loslaufen ließ, sondern immer ansprechbar. Gott ist kein Uhrmacher! Davon erzählt eine kleine Geschichte:

Eine jüdische Großmutter schaut zu, wie ihr Enkelsohn am Strand spielt. Plötzlich kommt eine große Welle, erfasst das Kind und trägt es fort ins Meer. Die Großmutter fleht: „Bitte, Allmächtiger, rette meinen Enkel, und bringt ihn wieder zurück.“
Und sogleich kommt eine große Welle und schwemmt den Kleinen – gesund und munter – wieder an den Strand.

Die Großmutter schaut zum Himmel hinauf und sagt: „Und wo ist seine Mütze?“
Fragen Sie das mal einen Uhrmacher!

Der Segen des Leben schaffenden Gottes gehe mit uns in die Nacht, er halte seine Hand über uns, dass wir gestärkt wieder aufstehen und einander leben lassen.

Abendsegen | Donnerstag, 24.7.2014

Mitten im Sommer…an einem ruhigen Abend am Wasser…steigen Fragen auf. Was war, was ist… (Ich
werde jetzt 39, oder, ich werde ja bald 72) – das Träumen, die Unruhe, die Fragen lassen einfach nicht nach. Warum? Zuweilen beneide ich alle, die sich ihrer selbst und der Welt sicher sind…die nachts nie wach liegen, nichts Zerrissenes in sich spüren.
Ich bin hingefallen und ich bin aufgestanden. Ich liebe einige Menschen, und einige lieben mich Ich habe gegeben, ich habe genommen, bin geflogen vor Glück – doch mitunter auch ermüdet, leer. Was wird noch kommen?
Dann denke ich an die liebenswürdige Empfehlung Thornton Wilders: „Ich würde Ihnen raten, nicht nach dem Warum und Woher zu fragen, sondern Ihr Eis zu essen, ehe es schmilzt.“

Gottes Segen komme zu uns, dass wir Nein sagen, wo es nötig ist, dass wir
Ja sagen, wo es gut ist, dass wir Stärkung finden im Wachen und im Schlafen.

Abendsegen | Mittwoch, 23.7.2014

Einen „Sommerpsalm“ hat mir meine Kollegin Jacqueline Keune aus Luzern in der Schweiz gesandt:

Lobt ihn mit Radtouren, lobt ihn mit Wellenreiten,
lobt ihn mit aufgeräumter Seele, lobt ihn mit träumendem Herz,
noch und noch!
Lobt ihn mit wilden Gärten, lobt ihn mit eingemachten Beeren,
lobt ihn mit gestauten Bächen, lobt ihn mit Sonnenbädern,
noch und noch!
Lobt ihn mit geteilten Melonen und gastlichen Balkonen,
lobt ihn mit Geigenspiel und Liebesnächten –
noch und noch!

Wir bitten um deinen Segen, Gott. Lass uns alles zum Segen werden:
Den Mond über uns, die Erde unter uns, das Band der Gemeinschaft zwischen uns, dein Abbild tief in uns und die Ruhe der Nacht, die vor uns liegt. Amen, so sei es.

Abendsegen | Dienstag, 22. 7.2014

In den Ferien hört man oft den Spruch, jetzt könne man „die Seele baumeln lassen“.. Eine unsinnige und trübe Vorstellung: Die Seele, ein müdes Organ, das bloß noch herum baumeln kann?
Dazu gibt es eine Alternative: „Muße“ ist ihr alter Name, heute vielleicht „Aufmerksamkeit“…Sie befreit aus dem ewigen Erledigungszwang, sie schärft die Sinne, sie öffnet die Augen , sie entdeckt die Schönheit der Tage.
Der größte deutsche Seelendichter, Joseph von Eichendorff, rät uns, die Flügel unserer Seelen weit aufzuspannen und loszufliegen, in die Ferne, in die Nähe und wieder nach Hause…
Und wir werden sie wieder spüren,… unsere Seele, und sie ist unendlich viel wert.

Gott segne Ihre Seele in nachtdunklen und taghellen Zeiten, er behüte sie und stärke sie.
Sein Glanz streife sie am Morgen und lasse sie erfrischt wieder wach werden…

Abendsegen | Montag 21. 7.2014

Sommerferien… Mein Lieblingskirchensommergedicht heißt „Dorfkirche im Sommer“ und stammt von Detlev von Liliencron – 19. Jahrhundert, sonntäglich, ländlich, so recht für die Ferien…

Schläfrig singt der Küster vor,
schläfrig singt auch die Gemeinde.
Auf der Kanzel der Pastor
betet still für seine Feinde.

Dann die Predigt, wunderbar,
eine Predigt, ohnegleichen.
Die Baronin weint sogar
im Gestühl, dem wappenreichen.

Amen, Segen, Türen weit,
Orgelton und letzter Psalter.
Durch die Sommerherrlichkeit,
schwirren Schwalben, flattern Falter.

Gott segne die Stunden Ihres Sommers; er schenke Ihnen erholsame Abende und einen stärkenden Schlaf

Quelle: Detlev v. Liliencron, Adjutantenritte, Edition Holzinger, Berlin 2013