DAS WORT – 03. Mai 2007

Einer, der im Winter durch deutsche Landschaften gefahren ist, sagt: Es gibt inzwischen Dörfer, da gehen morgens keine Lichter mehr an. Die Arbeitslosigkeit lässt ganze Landschaften veröden. Und während er das beobachtet, beschließt ein Konzern, der einen Milliarden-Gewinn eingefahren hat, bis zu 10 000 Arbeitsplätze “abzubauen“, wie er sagt. Er baut Arbeitsplätze ab, um den Wert des Unternehmens zu steigern. Je mehr Arbeitsplätze vernichtet werden, desto kräftiger sind die Kursgewinne. Es macht mir Mühe, dieses zynische Spiel zu begreifen. „Das gehört zu den selbstverständlichen Spielregeln. Das ist (..) unvermeidlich“, wird mir erwidert.

Aber das ist doch zum Verrücktwerden! Ich will das nicht verstehen lernen! Wer hilft mir?

Ich frage an bei den biblischen Propheten. Die wissen zwar nichts von Aktienkursen, aber (..) die treibenden Kräfte dahinter kennen sie schon: Da heißt es beim Propheten Amos: „Ihr verwandelt Gerechtigkeit in Gift!“ Und beim Propheten Jesaja: „Wehe denen, die Haus an Haus reihen und ein Grundstück zum anderen, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen! Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen! Den Kindern nehmt ihr den Glanz ihrer Kindheit, sie verkaufen den Schuldlosen für Geld, sie drängen den Elenden vom Wege und treten den Kopf des Geringen in den Staub!“

Die biblischen Propheten reden Klartext. Es liegt ihnen daran, laut auszusprechen, dass das, was ist, nicht unvermeidlich ist. Auch heute geht es um die Entscheidung, ob das alles wirklich zwangsläufig und unabwendbar ist, ob die Götzen des Reichtums und die Gesetze des Geldes unumschränkt herrschen sollen. Die Bibel hat einen Namen für diesen Götzen, der für die Macht des Reichtums steht: Baal heißt er. Das ist hebräisch und heißt „Herr“ mit dem Beiklang männlicher Brutalität. In der Bibel hat er ein Bild bekommen: Ein goldener kraftstrotzender junger Stier. Wer immer sich ihm in den Weg stellt, den wird er zerstampfen. Die Bibel spricht von einem dummen „goldenen Kalb“. Aber dieses „goldene Kalb“ steht nicht nur vor dem Portal der mächtigsten Börse der Welt, man begegnet ihm schon vor der freundlichen örtlichen Sparkasse. Der Prophet Hosea sagt schneidend: „Wer diese Kälber küssen will, der muss Menschen opfern!“ Und es werden heute Menschen geopfert, „abgebaut“. Nein, ich will das nicht verstehen lernen!