DAS WORT – 15. MÄRZ 2009

„Wer sind die Menschen, die Lust am Leben haben, die die Tage lieben, um Gutes zu sehen? So bewahre deine Zunge vor Bösem, deine Lippen vor falschen Worten.“
(Psalm 34, 14)
Niemand bestreitet, was der biblische Psalm 34 sagt: Wir gehören zu einem Volk, das gut leben will und schöne Tage sehen möchte. (…) Gott, der Liebhaber des Lebens, gönnt uns ein gutes Leben. Niemand hat das Recht loszulegen: „Wartet nur ab, wenn wir wieder das ärmere Leben beigebracht kriegen wie nach dem Zweiten Weltkrieg!“ Nein, Gott gönnt uns ein gutes Leben und schöne Tage und ein glückliches Alter.

Aber sie haben ihren Preis. Sie sind nicht zu haben, wenn wir uns selbst und andere betrügen, wenn wir „Trug reden“, wie es im 34. Psalms steht. Wir haben keine Lust am Leben und kein glückliches Alter vor Augen, ohne die wachsende Zahl von Menschen zu erwähnen, die sich ausgeschlossen fühlen von den Möglichkeiten der Mehrheit : Was sie können, braucht keiner, was sie denken, schätzt keiner, und was sie fühlen, kümmert keinen – Kinder ohne Zoobesuch und ohne neue Fußballschuhe, Frauen, die „freigesetzt“ werden, Minijobber, Harzt-IV-Aufstocker, Alte in bedrückenden Heimen.
Lebensläufe geraten ins Schlingern, Arbeitsplätze brechen weg, Ungelernte trifft es, Hochqualifizierte trifft es – ist der Traum von der gerechten Gesellschaft zu Ende? Ist es nicht Zeit, darüber zu reden? Ohne Trug…

Das haben die Psalmverse im Blick – sie geben uns ein orientierendes Licht im Nebel der aktuellen Krisen, keine Theorie über Konjunkturprogramme, nein, den Kern biblischer Weisheit. Man kann die Verse aus Psalm 34  übersetzen: „Was ist das für ein Mensch, der sein Leben liebt und will, dass es glücke? Immer die Wahrheit sagen. Niemals lügen. Das Böse verneinen. Das Gute tun. Suche den Frieden und jage ihm nach!“ Die Bibel beantwortet die zentrale Frage, wie Leben gelingen kann, mit Hinweisen auf die Lebenspraxis des Einzelnen. Sie ist unermüdlich und stürmisch darauf gerichtet, vor Gott und den Menschen das Rechte zu tun! Das ist – biblisch gesehen – keine private Praxis, sondern ein gemeinsamer Kampf um Gerechtigkeit. Sie ist das Grundprinzip erfüllten Lebens. (…)

Sprechen auch die so genannten „Realitäten“ dagegen – Gott wird die Ausgeschlossenen und Abgestürzten umarmen in ihrer Angst, dazu braucht er jeden von uns.
Da wird es konkret: „Bewahre deine Zunge vor Bösem“, also (..) vor Betrug, vor der Lüge. Mit der Sprache sagen wir nicht nur, was der Fall ist, die Sprache erschafft auch die Welt! (….) Wir können mit Worten die Welt verwüsten, mit übler Nachrede verderben. Wir können mit Worten die Wirklichkeit benebeln, bis alles zusammenbricht. Das erleben wir nun in der Finanzkrise. Was wichtig ist und was unwichtig, was richtig und was falsch – es ist unklar geworden im großen Geschwätz.

Damit steht aber unsere Freiheit auf dem Spiel. Es geht im Appell „Bewahre deine Zunge vor Bösem“  um die Lebensschönheit und den Lebensreichtum von Menschen. Was hieße es, wenn wir in einer Gesellschaft lebten, in der sich einer auf das Wort des anderen verlassen könnte? Was hieße es, wenn wir in einer Gesellschaft lebten, in der keine Gruppe die andere aus Profitinteressen verführte und in Lügenwelten verstrickte? Was hieße es, wenn wir in einer Gesellschaft lebten, in der (..) die taktische Verlogenheit (..) verschwände?
Gälte dann nicht wieder die Verheißung des Psalmverses: „Wer sind die Menschen, die Lust am Leben haben, die die Tage lieben, um Gutes zu sehen? Es sind solche, die die Zunge vor Bösem bewahren und die Lippen vor falschen Worten“?