Worte für den Tag | Sonnabend, 7. April 2018

Wochenende, das heißt auch Wochenmarkt. Wer sich auf den Wochenmarkt begibt, begegnet vielen Menschen und muss sich zuerst entschleunigen – alles ist dichter und langsamer, ein freundliches Gedränge. Viel Sinnliches und Erquickendes, rasch mit der Gießkanne über die Paprika und sie leuchten wie damals in der Budapester Markthalle. Es gibt tolle Angebote neben lockenden Avocados und hinreißend dunkel-hell-braunen Steinpilzen: „Die heilende Kraft der Steine“ und das „Finde-dich selbst“-Rezeptbuch. Marktmenschen – die einen preisen Güte und Zusammensetzung des Endiviensalats an und den Säuregehalt der besten Pinovaäpfel, die andern erzählen Geschichten: Wie aus dem misslungenen Apfelstrudel ein erstklassiger Likör wurde! Bekenntnisse, Schwüre und Beschwörungen und Heilsversprechen – „mit diesem frisch gepressten Leinöl wird alles heil!“ und Vertraulichkeiten: „Herr Doktor! Heute nur für Sie…! Viel Religion steckt im Wochenmarkt und Menschlichkeit. Gegen die kühle Eleganz großer Kaufhäuser ist dieser Ort ein schutzloses Paradies unterm offenen Himmel.

Da sehe ich die beiden Bekannten auf mich zukommen. Was sage ich bloß? , denke ich. Was sage ich bloß? Wo er doch ein Hypochonder ist, gegen den sich der eingebildete Kranke wie ein Jungbrunnen ausnimmt, und sie nur zufrieden, wenn ihr was fehlt. Einmal ist es der Hals, einmal der Rücken, dann das Handgelenk oder das Knie, das einfach alles spürt. Wirklich alles. Die Hitze, die Kälte, die Trockenheit, den Frühling. Was sage ich bloß? Und dann stehen die beiden vor mir und ich sage – göttliche Eingebung: „Hallo! Gut seht ihr aus, richtig gut!“ Worauf die Frau mit gerunzelter Stirn zu ihrem Mann hinübersieht und dieser meint: „Das täuscht, das täuscht!“

Es gelingt mir mit einem „Seht doch die Zitronen an, die leuchten wie im Garten Eden, ich muss ein paar mitnehmen!“ mich abzuwenden.

Es ist Wochenende, ich will das Leben und Flanieren genießen: Die Offenheit der Marktstände, die Lebhaftigkeit, die Rufe, Farben und Düfte, das Hand-in-Hand-Arbeiten, und noch eine Goldene Pampelmuse extra dazu – ein wenig von Tausend-und-einer-Nacht ist dabei! Mit Ostern fing die Woche an, der Anfang neuen Lebens reicht bis heute!