Worte auf den Weg | Montag, 18. März 2019

Die Großmutter ist mit dem Enkelkind auf dem Spielplatz. Sie ist eine aufmerksame Person. Immer wieder blickt sie von ihrem Buch auf und vergewissert sich: die Enkelin buddelt im Sandkasten. Wieder ein Blick. Jetzt ist sie plötzlich weg. Auf der Rutsche ist die Kleine nicht und auch nicht dort hinten an der Schaukel. Jetzt wird die Großmutter unruhig. Rasch durchkämmt sie den Spielplatz. „Haben sie mein Enkelkind gesehen, lange Haare, roter Pulli?“ Die anderen Erwachsenen schütteln den Kopf. Jetzt kommt Panik in ihr auf. Das Tor auf der anderen Seite des Spielplatzes ist halb geöffnet, dahinter die vierspurige Straße. Sie läuft los, erreicht das Tor. Nichts, keine Enkelin. Vor ihrem Auge entstehen die schrecklichsten Bilder. Scharfe Autogeräusche…Da zupft es von hinten an ihr, sie dreht sich um. Hinter ihr steht, mit großen Augen, die Kleine. Gott sei Dank! In einem Moment fällt ihr die Last vom Herzen.

Danken können ist nicht nur etwas für harmlose Zeiten, Zeiten, in denen es schön ist und ruhig und sonnig. Danken können zehrt von der Erfahrung, in Not zu sein und plötzlich zu spüren, wie ungesichert das Leben ist. Und trotzdem bewahrt zu sein.

Im christlichen Gottesdienst und vielleicht auch in unserem Leben steht eher das Bitten im Vordergrund. Im Gottesdienst wird eine Für-Bitte ausgesprochen. Weil Menschen etwas nötig brauchen, bitten wir Gott. Es gibt viel, um das wir bitten müssen. Aber: gehört zum Bitten-müssen nicht auch das Danken-können? Eine junge Frau hat neulich nach dem Gottesdienst bemerkt: „Christen bitten oft und danken selten. Warum gibt es neben der Fürbitte nicht auch ein „Danke für“?

Der Theologe Fulbert Steffensky äußert eine persönliche Empfindung, die ich sinngemäß notiert habe:
„Ich vermute, dass Danken-können auch mit dem Älter werden zu tun hat. Je älter man wird, umso mehr hat man Augen für das kleine Gelingen. Darin steckt ein Stück Resignation, aber keine falsche Art, sich abzufinden. Das Leben lehrt uns, wie wenig wir die eigenen Lebensmeister sind. Wir spüren, wie sehr wir uns verdanken.“

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