Abendsegen | Donnerstag, 7. Mai

Zu den Grundpfeilern unserer Zivilisation gehört die Verabredung, dass die Frage „Wie geht’s?“ mit „gut“ zu beantworten ist. Nörgler nennen das eine Floskel. Aber auf die Frage „Geht’s Ihnen gut?“ zu antworten „Nein danke, und Ihnen?“ ist auch etwas ungewohnt.
Bei dem, was wir zur Zeit durchmachen, plädiere ich für eine zeitgemäßere Begrüßung: Statt des neutralen „wie geht es dir?“ bin ich für ein solidarisches „Wie hältst du dich?“
Im Alltag kommen wir uns ja dauernd zu Hilfe, sagt der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch „Solidarität“ mit kluger Liebenswürdigkeit.

Wir treten zurück, wenn wir jemand den Blick auf den Fahrplan versperren; wir heben eine heruntergefallene Serviette auf, geben einem durch Handzeichen zu verstehen, dass er in die falsche Richtung geht. Gut, in Japan steigt man anders in den Zug als in Großbritannien, in Neukölln kann eine Geste der Hilfe mal schlecht ankommen. Trotzdem wirken alltägliche Hilfen als Signale zwischenmenschlicher Aufmerksamkeit, von der herausragenden Arbeit in Krankenhäusern reden wir nicht, sie kann man nur stumm bewundern! Neben vielem anderen erleben wir eine Zeit der Zuwendung, der einfallsreichsten Anteilnahme.
Solidarität ist eine große Idee!

Unser Vater, segne uns, lasse dein Angesicht freundlich über uns leuchten – lass uns morgen
in Freundlichkeit den Weg zum anderen finden.