„Wissen macht das Gesicht freundlich und lässt die strengen Falten verschwinden“, so steht es im biblischen Buch des Predigers, 8,1. Ein Satz, so recht nach dem Herzen des Philosophen Immanuel Kant, der heute vor 300 Jahren am 23. April 1724 getauft wurde.
Nein, nein, der weltberühmte Philosoph war – anders als mancher denkt – kein grämlich-unfroher Bücherwurm mit strengen Falten auf der Stirn, man erzählt von seinem bezaubernden Charme, ein Gentleman des Denkens, der seine Freude, am Ast der Dummheit zu sägen (1), gern allen mitteilte.
Ein Philosoph, wörtlich übersetzt: ein Weisheitsforscher, ein die Weisheit Liebender, dem aber auch wütend der Satz entfahren konnte: „Es ist so bequem, unmündig zu sein.“ Dafür lebte er: Den Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszuführen; er nannte das „Aufklärung“. Das brachte ihm in der Christenheit damals wie heute nicht viele Freunde, denn Aufklärung, Vernunft und Weisheit gehören nicht immer zu den erstrebenswertesten Zielen kirchentreuer Menschen; weshalb sie leider auch unter den felsenfesten Wählern eines jenseits aller Vernunft schreienden Präsidentschaftskandidaten in den USA zu finden sind.
„Wissen macht das Gesicht freundlich und lässt die strengen Falten verschwinden“, so die Bibel und Immanuel Kant. Wissen macht schön. Und dabei blieb Kant einer der berühmtesten Singles der Geschichte. Aber da liegt bei dem Philosophen ein ziemlicher Hase im Pfeffer, ich meine, seine Bibellektüre. Hätte er nur einmal die Psalmen aufgeschlagen, den Prediger, Hiob, Kohelet, Jesus Sirach, die Sprüche oder das Hohe Lied, dann wäre er, der Weisheitsforscher, Frau Weisheit begegnet. Reizvoll, diesem aufregenden Paar zuzusehen, der Herr Philosoph trifft die Frau Weisheit, die an Gottes Seite tanzte und spielte, als er die Welt schuf, so aufzufinden im Sprüchebuch, Kp.8.
Da wäre er gewiss gern dabei gewesen, und hätte sie rufen gehört auf dem offenen Markt: „Wie lange noch, ihr unreifen Jünglinge, gefällt euch eure Unreife? Dumme hassen Erkenntnis! Wendet euch meiner Belehrung zu! Wer sie hört, bleibt verschont von bösem Schrecken!“ Recht hat sie bis heute.
(1) Hand-Joachim Neubauer, Mit Kant am Ast der Dummheit sägen, Verlag Herder, 2006,