Das Wort – Pfingstmontag – 5. Juni 2006

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth
Sacharja 4,6

Zu Pfingsten hat man frei. Heute den zweiten Tag, den Pfingstmontag. Zu Pfingsten macht man keine Geschenke. Zu Pfingsten sucht man nicht in Verstecken. Zu Pfingsten macht man das, wozu man Lust hat. Zu Pfingsten hat man frei.

Tannenbaum und Ostereier findet man zu Weihnachten und am Osterfest in vielen Häusern. Sie erinnern auf ihre Weise an die Natur, in der wir unser Leben verbringen, an die Schöpfung, und manchmal an den Schöpfer. Ein beliebter Roman der alten DDR hieß „Das liebliche Fest“, von Pfingsten war nicht die Rede und jeder wusste, was gemeint war. Lieder im kirchlichen Gesangbuch bitten um der „Liebe Brunst“, die an diesen Tagen Menschen ergreifen soll. Wie gut, dass wir da frei haben…

Wer sich zu Pfingsten morgens mit Pfingsttau benetzt, gewinnt Kräfte der verschiedensten Art. Einander Pfingstrosen schenken, gilt seit alter Zeit als Mittel gegen Dämonen, gegen plötzlichen Tod. Seine blühende Kraft scheint das Fest verloren zu haben, doch es gilt: Zu Pfingsten hat man frei.

„Frei“ und „Freiheit“ war von Anfang an die Grunderfahrung von Pfingsten: Das erste Pfingstfest geschah am Sinai im Raum der Wüste vor den Augen und Ohren des Volkes Israel, das mit knapper Not der Sklaverei in Ägypten entkommen war. Sie hatten die Freiheit gewonnen! Und erzählten, ein gewaltiges Brausen von Feuer und Sturm habe ihnen zehn große Worte, zehn Gebote gebracht, die sollten ihre neu errungene Freiheit schützen.

Das erste christliche Pfingstfest geschah in Jerusalem. Mutlose, ängstliche ehemalige Freunde des Jesus von Nazareth erfuhren einen heftig befreienden Aufschwung an Courage und Begeisterung. Geistesgegenwärtig begannen sie von ihren Erfahrungen öffentlich zu sprechen. Sie nannten diesen Aufschwung den Geist Gottes und den „Heiligen Geist“. Sie fühlten sich befreit und sprachen von Jesus von Nazareth frei heraus. Alle, die zuhörten, verstanden die Erzählungen und verstanden sich als eine neue Gemeinschaft. Sie nannten sich die „Gemeinschaft der Heiligen“, das erste Wort für das, was später die „Kirche“ genannt wurde, eine Gemeinschaft der Geistesgegenwärtigen.

Geist – das ist das große Wort von Pfingsten. Alles, was Menschen tun und was Menschen Menschen antun, hat seinen Sitz im Geist. Es kommt aus den Herzen, Köpfen und Gesinnungen der Menschen. Wir sprechen von der „geistigen Verfassung“ eines Menschen und in welchem Geist er sein Leben anfasst und anderen gegenüber tritt. Außerdem: Geist strahlt aus, Geist steckt an. Was für ein Geist geht von mir aus? Ein Mut machender, Vertrauen weckender oder ein runter ziehender, alles grau machender Geist? Unser Geist hängt auch von unserer leiblichen Verfassung ab. Bin ich hungrig, krank oder traurig, wird das meinen Geist bestimmen oder alle guten Geister haben mich verlassen.
Pfingsten kommt ganz nahe, wenn wir uns Zeit frei nehmen darüber nachzudenken, welcher Geist unseren Geist erfrischt, durchlüftet, und stärkt. Die Alten vor uns haben gesungen „Veni, creator spiritus!“ – Komm, Schöpfer Geist, befreie und verändere uns, dass wir hoffen, lieben und kämpfen und können! Um diesen schöpferischen Geist können wir bitten!

Am Anfang hörten wir ein Prophetenwort: „Ihr meint, mit mehr Macht, mit einem starken Staat würdet ihr es schaffen. Es kommt nicht auf mehr Macht an, es kommt auf meinen Geist an!“ Dieses Pfingstwort spricht die Absage an das Vertrauen auf Gewalt und militärische Macht aus. Gewaltmittel mögen zu Zeiten erlaubt sein, doch so oft werden die Mittel vergötzt und der Geist geht verloren!

„Es soll geschehen – durch meinen Geist“, heißt Gottes Pfingstversprechen, auch wenn wir verzweifeln über die Mauern von Blindheit und Dummheit, Gewalt und Hass. Am Anfang des Pfingstfestes standen die Worte: „Ich glaube an den Heiligen Geist, der lebendig macht“.
Der Heilige Geist macht lebendig, Mauern, die vor uns stehen, anzugreifen, Nebel, die alles eintrüben, davon zu blasen und aus lebensbedrohlichen Lähmungen aufzustehen.

Wir können damit beginnen – Pfingsten haben wir frei.