DAS WORT – 30. April 2007

Ein Freund erzählte mir folgende Begebenheit: „Vor wenigen Jahren erhielt ich eine Einladung, vor einem Schulkollegium ein Seminar zu halten, das Thema durfte ich selbst wählen. Der Termin lag nahe beim 1. Mai, so wählte ich das Thema „Arbeit in der Bibel“, also „Die Welt der Arbeit in der Welt der Bibel“, das passe zum „Tag der Arbeit“. Es gab freundliche Reaktionen – das sei gerade richtig. Am Morgen des Treffens wurde ich erwartungsvoll begrüßt, alle freuten sich auf das Seminar zum Thema: „Arbeit mit der Bibel“. Ein…Versprecher? Nein, im Programm stand „Arbeit mit der Bibel“, „Bibelarbeit“ eben, Werte in der Bibel entdecken und für heute entfalten…“, so weit seine Geschichte.

Niemand war also auf den Gedanken gekommen, dass Arbeit selbst ein Thema der Bibel sein könnte. Das hatte niemand je gehört – „Arbeit“, „Arbeitsbedingungen“, „Lohn“, „gerechte Verteilung von Arbeit und Ruhe“, Arbeitslosigkeit“ als Themen der Bibel? Das war keinem in den Kopf gekommen. (…) Dabei fängt die Bibel doch gleich auf der ersten Seite mit dem Thema: Arbeit an. Im ersten Kapitel der Schöpfung, 1.Mose 1 heißt es: Der Schöpfer arbeitet, er schafft die Welt durch körperliche, handwerkliche Arbeit. Den Himmel verfertigt er wie ein Metallarbeiter als große Schale, die zwischen himmlischen und irdischen Wassern eine Trennscheibe bildet. Er schmiedet Gestirne und hängt sie als Lampen an den Himmel – er (.) arbeitet körperlich, arbeitet so, dass er müde wird und von der Arbeit ausruht. Er hält eine Ruhe nach der Arbeit. Arbeit heißt in der Sprache der Bibel, im Hebräischen „mal’acha“, jiddisch „maloche“. Gott malocht, das Wort hat keinen negativen Klang, körperliche Arbeit ist nicht weniger fein als geistige Arbeit. Der arbeitende und von seiner Arbeit ermüdende Schöpfergott ist das erste Bild, das uns die Bibel von Gott zeichnet. Arbeit ist nichts, was unter Gottes Würde wäre. Alle Bilder von Gott sind gefährlich, das gilt für die gemalten wie die erzählten Bilder. Wir kennen viele Bilder Gottes: Der alte Mann mit dem Königsmantel auf dem Thron, der Richter in der Robe mit der Waage in der Hand. Frauen fragen heute, warum immer das Männliche in den Gottesbildern regiert? Die Frage ist berechtigt – aber die Frage ist auch berechtigt, warum es keine Gottesbilder gibt, die ihn als Metallarbeiter darstellen? Das wäre nur ein kleiner Aspekt von Gottes unendlichen Möglichkeiten, es wäre aber der, der in der Bibel von Gott „am Anfang“ berichtet wird…

Recht auf Arbeit ist ein biblisches Thema – der 1. Mai eine Gelegenheit, darüber nachzudenken.