Worte für den Tag | Dienstag, 11. Mai

„Was soll das Theater?“ – wird anlässlich des Theatertags gefragt.
Was soll die Kirche? … danach fragten die Kirchentage schon vor 100 Jahren….

„Kirche in Bewegung“ hieß das Leitwort des 1. Deutschen Evangelischen Kirchentages im Jahre 1949. 100 Jahre zuvor, 1848, hatte es schon eine Kirchentagsbewegung: Es ging um eine große Gesundheitsreform, den Abbau der Arbeitslosigkeit und – ja, Sie hören richtig! –  für einen gerechten Umbau der Sozialsysteme. Der Berliner Pfarrer Johann Hinrich Wichern  nannte dies Projekt „Innere Mission“. Auch der erste „Deutsche Katholikentag“ fand 1848 in Mainz statt.

Hundert Jahre später, 1949, war nach zwei Weltkriegen ein neuer Aufbruch für die Kirchen wiederum dringend nötig geworden: Es gab nun die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik. Die Frage „ Was soll die Kirche?“ stellte sich erneut. In West und Ost war man sich einig: Die Kirche soll Gott loben, die Kirche soll der Gerechtigkeit dienen, die Kirche soll Gesicht zeigen.

Morgen beginnt in München für Protestanten und Katholiken der zweite Ökumenische Kirchentag – das Leitwort für diesen „Ökumenischen Kirchentag“ lautet: „Damit ihr Hoffnung habt“. Hoffentlich meinen die Kirchen nicht, mit diesem verheißungsvollen Satz seien sie allein gemeint. Hoffentlich bleiben sie nicht ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Auch wenn sie nicht darum herumkommen, sich mit ihrer beschädigten Glaubwürdigkeit auseinanderzusetzen. Viele sind enttäuscht, viele wollen der Kirche den Rücken kehren. Deshalb darf der verheißungsvolle Satz: „Damit ihr Hoffnung habt“ doch nicht bedeuten, dass die Davongelaufenen bald wieder zurückkehren, sondern zuerst, dass die Daheimgebliebenen sich verändern und wieder neu zu sich kommen. Denn: Was soll die Kirche? Gott loben, dem Recht dienen, Gesicht zeigen. Und so möge es beglückende ökumenische Augenblicke geben, in denen Menschen dies tun, sich treffen, ihre Lebenserfahrungen teilen und gerne zusammen sind. Als ein Reporter Mutter Teresa fragte: „Was oder wer muss sich ändern an der Kirche?“ sah sie ihm in die Augen und sagte: „Sie und ich!“