Abendsegen | Freitag, 24. Februar

Seit einem Jahr hält das ukrainische Volk dem menschenfeindlichen Überfall auf sein
Land durch Russland stand. Neben aller solidarisch wirksamen Hilfe durch befreundete Länder, bleibt der Widerstand ein Wunder. Woher kommt diese Überlebensenergie, diese seelische Stabilität, dieser Lebensmut, diese Unerschütterlichkeit, dies Vertrauen in die Verheißung der Freiheit?
Es ist gewiss eine starke Form des Trotzes. Im Trotz erfahren wir unsere Autonomie,
unsere Selbständigkeit, unsere eigene Persönlichkeit. In Trotzphasen emanzipieren sich Kinder. Für Christen ist Ostern das große Trotzfest: Du, Tod, wirst nicht siegen! Martin Luther wie Martin Luther King gewannen ihre Stärke aus ihrem Trotz – oder wie ich bei meiner Kollegin Christina Brudereck gelesen habe – aus ihrer Trotzkraft. Trotzkraft, das steckt im biblischen Wort für Mut, ometz lev, wörtlich übersetzt: Stärke des Herzens. Ich will gewiss nicht die Ukraine zu einem bibeltreuen Volk erklären, aber der Beginn des 27. Psalms ist erstaunlich: „Der Herr ist meines Herzens Stärke, vor wem sollte mir grauen?“

Unser Vater, segne die Ruhe der Nacht, stärke den Lebensmut unserer ukrainischen Nachbarn, dass sie sich aufrichten nach jedem Schlag.