Abendsegen | Montag, 20. Februar

Überall, wo Menschen sich heute am Arbeitsplatz eingefunden haben, begrüßten sie sich so oder ähnlich: „Na, wie war’s am Wochenende?“, „Hatten Sie einen schönen Sonntag?“
Nun sehen Christen den Sonntag eigentlich als Anfang der Woche an, er ist der erste Tag, Feiertag einer neuen Schöpfung, die mit der Auferstehung Jesu Christi begann. Da gehören wir nicht dem Geschäft, nicht dem Chef, da haben wir frei, da sind wir frei. Sagt jetzt jemand: Ist doch im Grunde gleich, Wochenende–Wochenanfang, Hauptsache, man braucht nicht zu arbeiten! Ich gebe zu bedenken: Ist Montag der erste Wochentag, heißt das: Zuerst seid ihr auf der Welt, um zu arbeiten? Der nächste Schritt hieße: Du bist zum Arbeiten geboren. Deshalb bist du so viel wert, wie du leisten kannst. Du bist Mensch, so lange du nützlich bist. Arbeit ist das Wichtigste im Leben, damit fängt die Woche an.
Beginnt aber – christlich gesehen – die Woche mit dem Sonntag an, sind wir nicht nur Mensch, so lange wir nützlich sind, sondern frei und geboren, um zu leben und zu lieben. Mag der Sonntag auf unseren Kalendern ruhig am Ende der Woche stehen – er erinnert an einen Anfang. Er hat Vorrang. Anfang gut, alles gut. Ich hoffe, Sie hatten einen guten Sonntag.
Unser Vater, segne die Ruhe der Nacht und den ersten Blick auf das Licht des neuen Tages.

Abendsegen | Sonntag, 12. Februar

Es ist nur eine kleine Geschichte, die mir eine Freundin aus der Schule erzählte, aber für den Sonntag-Abend so wunderbar geeignet, denn sie handelt von Wundern:
Die Lehrerin gab der Klasse am Freitagmittag in der letzten Schulstunde der Woche eine Aufgabe. Jedes Kind sollte seine persönlichen „Sieben Weltwunder“ auf einem Blatt notieren, die Pyramiden in Ägypten oder die Chinesische Mauer oder die Golden- Gate-Brücke in San Francisco und was ihnen an tollen Bauwerken einfiel: Beim Einsammeln kam die Lehrerin zu einer Schülerin, die noch am Grübeln war. „Ist es so schwer mit den Weltwundern?“, „Ja“, antwortete die Schülerin, „die Entscheidung war nicht leicht; es gibt doch so viele Wunder!“ „Na, dann lies uns doch mal vor, wofür du dich entschieden hast!“
Das Mädchen wurde verlegen, begann dann zögerlich vorzulesen:
“Meine sieben Weltwunder sind:
Sehen
Hören
Riechen
Berühren
Fühlen
Lachen…
…und lieben“
In der Klasse wurde es ruhig.
Unser Vater, stärke und schütze mit deinem Segen alle unsere Sinne und bewahre sie
in ihrer wunderbaren Vielfalt.

Abendsegen | Sonnabend, 11. Februar

Wer mit der sehr pünktlichen Schweizer Eisenbahn von Zürich nach Luzern fährt, hält einmal zur großen Freude der Kinder an einem Bahnhof, der „Zug“ heißt. Zug am Zuger See gelegen, ist eine reiche Stadt der Kongresse, Konferenzen und der exquisiten Kirschtorten mit ein paar Tröpfchen Schnaps…

Eine andere liebenswürdige Tradition der evangelischen und katholischen Kirche in Zug ist der „Zuger Stadt-Segen“. Nicht nur „s Gäld isch doo dahaim“, sondern die Menschen mit ihren Hoffnungen und Sorgen sollen gesegnet sein. Es heißt im „Stadt-Segen“, den die Luzerner Theologin Jacqueline Keune gedichtet hat:
„Du bist gesegnet, liebe Stadt, mit Grün, das birgt, mit Grund, der hält, mit Himmel, der weit macht, mit Menschen, die das Gute suchen. Der Sommer, der die Kirschbäume bewohnt, erzählt von dir, das Licht, das sich über den See legt, das Lachen, das sich durch die Gassen zieht, das Rennen der Kinder, das Rechnen der Köpfe. In der Freude der Glocken, die den siebten Tag begrüßen, im Schiffshorn, das den Nebel teilt…Behüte sie, unsere Stadt! Nimm ihre Schwachen in deinen Schutz, zeige den Schlaflosen deine Sterne, fahre auf den Gepäckträgern der Kinder mit, schaffe den kleinen Leuten Raum in der alten Stadt und den Mieten treibe die Röte ins Gesicht. Die Geschäfte des Unrechts nenne beim Namen. Und in den Satten wecke die Sehnsucht. Durch uns.“

Ein Berliner Stadt-Segen? Wir alle in der Stadt wären dankbar!

Unser Vater, lass uns mit deinem Segen die Woche gut zu Ende bringen! Quelle: www.fb.com/citykirchezug . oder :Internet: CITYKIRCHEZUG (Ausschnitte)

Abendsegen | Freitag, 10. Februar

Es ist Freitagabend und Jüdinnen und Juden feiern den Schabbat – von Freitagabend bis Samstagabend, sagen wir als Christen salopp, ist Pause. Was in Zeiten der Corona- Pandemie von allen verlangt war, ist im Judentum immer schon heiliges Ritual: Zeit, die anders ist. Nicht reisen, nicht einkaufen. Zu Hause bleiben. Nähe nur mit den Nächsten erleben. Innehalten. Abschalten. Zur Ruhe kommen. Alles Geschäftige unterbrechen.
Verbundenheiten erneuern. Und das über Jahrhunderte hinweg, in guten und schweren Zeiten. Das biblische Lied für den Schabbat steht im 92. Psalm und heißt:
„Das ist ein köstlich Ding, Gott zu danken und zu lobsingen deinen Namen, des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Treue zu verkündigen auf der zehnsaitigen Laute, zum Klang der Leier.“ Gnade und Treue, Zuwendung und Verlässlichkeit in den Tagen und Nächten werden besungen und gerühmt, sie sind ein köstlich, ein Wort, das zugleich an Wein und wohlschmeckende Gerichte denken lässt, unerlässlich für den Schabbatabend; niemand soll ihn allein verbringen! Am Schabbatabend, in dieser Stunde, wird das Vergangene, das an jedem Tag der Woche Erlebte, das Erarbeitete wie das Erlittene, aufgehoben in Musik, Gebet, Gespräch und im gemeinsamen Essen.
Gott, unser Schöpfer, dein Segen durchziehe unser aller Leben, er bewahre unsere Tage und Nächte.

Abendsegen | Donnerstag, 9. Februar

Langsam komme ich mit dem Danken für die Geschenke zu den Fest-Tagen an ein Ende. Diese Geschenke…es gibt sie emotionsfrei und termingerecht, sie werden abgestimmt, damit es ja keine Überraschungen gibt. Es gibt Geschenke, die haken den Geburtstag und Weihnachten ab, Teil eines Warenaustausches. Es gibt Geschenke, die führen Überlegenheit vor, nehmen in Pflicht, zwingen zur Dankbarkeit. Es gibt gar Geschenke, die die Beschenkten in einem Maß verletzen, dass sie den Riesenblumenstrauß in keine Vase stellen können.
Und dann gibt es Geschenke, die man bis an sein Lebensende bei sich haben möchte, die zu einer Geburtsstunde der Freude führen und das Herz zum Überlaufen bringen.
Es gibt Geschenke, die uns spüren lassen, wie lieb uns einer hat, wie sehr eine unser Glücklich-Sein wünscht. Ach, die Schreibfeder aus Silber, mit der wir als Kinder nie spielen durften. Und das große bemalte Gänse Ei mit vielen guten Wünschen, und das wunderbare Kissen mit dem beruhigenden Duft eines seltenen Holzes, das mir durch die langen Tage und Nächte in der Klinik helfen wird…
Man bekommt in diesem Leben nichts geschenkt? Welch ein Irrtum!
Unser Vater, wir bitten um deinen Segen, lass uns alles zum Segen werden. Den Mond über uns, die Erde unter uns, die Gemeinschaft zwischen uns und die Ruhe der Nacht vor uns.

Abendsegen | Mittwoch, 8. Februar

Das Konzert in der offenen Arena versprach großartige Musik, es war eine wundervolle Szenerie von Formen und Farben, in Scharen strömte das Publikum herbei. Kurz vor Beginn wurde der Himmel schwarz, schnell prasselte ein Platzregen auf die Menge nieder, begleitet von Blitz und Donner. Die Menschen flüchteten ins überfüllte kleine Festzelt. Der Regen hörte auf, die Menschen kehrten zurück. Doch dann setzte das Gewitter wieder ein, die Flucht begann erneut und der Regen hörte nicht mehr auf. Die Stimmung sank auf den Tiefpunkt, andere ärgerten sich immer lauter, manche flohen gänzlich davon. Doch in einem ruhigen Moment rief plötzlich eine Stimme: „Habt ihr je so viele so schöne Menschen so rennen sehen?“
Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann lachte jemand los, und mit einem Mal lachte das ganze Festzelt, Enttäuschung, Ärger, Niedergeschlagenheit waren wie weg, Menschen umarmten sich, sprachen miteinander. Ja, tatsächlich: Alle, eine wie der andere, waren wirklich schöne Menschen! Dass wir nie wissen, welche Wunder manchmal ein einziges Wort, eine Anerkennung bewirken kann!
In der Bibel ist einmal die Rede davon, dass das Himmelreich einem Senfkorn gleich ist, einem einzigen Wort, einem liebevollen Augenblick – und im Nu ist die Welt verwandelt!

Unser Vater, segne unseren Abend und unsere Nacht mit der heiligen Gabe der Zuversicht!

Abendsegen | Dienstag, 7. Februar

„Die Suche wurde wegen einbrechender Dunkelheit eingestellt, bei Tagesanbruch wird sie fortgesetzt.“ Die Radiomeldung klingt wie eine zwingende Formel. Die Rettungsmannschaften müssen bis zum Morgen warten, jetzt herrscht die Nacht, sie diktiert die Bedingungen der Suche.
Im biblischen Psalm 77 heißt es: „Am Tage meiner Not suche ich den Herrn, meine Hand ist ausgestreckt des Nachts und ermattet nicht, meine Seele weigert sich, sich trösten zu lassen.“
Auch Gott kann dem Menschen tagsüber verloren gehen, er aber setzt die Suche bei Nacht fort, seine ausgestreckte Hand übernimmt die Regie und seine Seele gibt sich nicht mit ein wenig Trost zufrieden.
Der betende Mensch stellt sich den Bedingungen der lebensfeindlichen Nacht, doch er unterwirft sich ihnen nicht. Die Nacht herrscht nicht, in welchem Keller, auf welchem U-Bahnhof der Mensch sie verbringt. Vom Ende der Nacht ist nichts in Sicht, Gott ist ferner denn je, Stimme und Augen können nichts mehr tun, doch die Hand, die Hand bleibt ausgestreckt. Die Nacht herrscht nicht. Für alle in solcher Nacht bitten wir um die Kraft ihrer ausgestreckten Hand.

Unser Vater, komme mit deinem kräftigenden Segen den ausgestreckten Händen entgegen, dass die Nacht sie nicht beherrsche!

Abendsegen | Montag, 6. Februar

„Wir müssen jetzt aufhören, sonst wird es zu teuer!“, erinnern sie sich noch an diesen Satz? Dabei sahen wir auf das alte Bakelit-Telefon mit der Wählscheibe, wie eines bei uns zu Hause stand, in den Siebziger Jahren noch…
Eine große Freiheit ist in unsere Begegnungs-und Gesprächsmöglichkeiten eingezogen; wer mal eben 50 Jahre weg war, verstünde nichts mehr: Skypen, mailen, funken, chatten haben das Beisammensitzen am Lagerfeuer oder in der guten Stube ein für alle Mal verändert.
Es herrscht ein riesiges Bedürfnis, angerufen zu werden, darf man sagen, „erwählt“ zu werden? In einer kommunikativen Wolke zu verschmelzen. Es tut vielen Menschen so gut, nicht mehr aufhören zu müssen mit dem Sprachen und Zuhören, weil es zu teuer wird.
Es sind die überlieferten Worte des kleinen Neffen von Sigmund Freud, die mir dafür noch einmal die Augen öffneten: Er bat seinen Onkel beim Versteckspiel in der Wohnung laut zu sprechen, während er in Richtung eines dunklen Zimmers unterwegs war. Auf die Frage Freuds, warum er das tun solle, antwortete der Junge: „Wenn jemand spricht, wird es heller.“ Davon gilt es zu lernen…

Unser Vater, segne unseren Abend mit einem wohltuend erhellenden Wort und unsere Nacht mit deinem Schutz.

Abendsegen | Sonntag, 23. Oktober 2022

Yehudi Menuhin, der große Musiker, hat seine Lebenserinnerungen geschrieben und sie „Unvollendete Reise“ genannt. Einmal schreibt er auch über die Interpretation eines Musikstücks:
„Im Idealfalle würde man eine Passage ganz gleichmäßig spielen und gerade so viele Unregelmäßigkeiten zulassen, dass ein Element der Lebendigkeit spürbar bleibt.“ Für Menuhin ist diese kleine Unregelmäßigkeit, diese Lebendigkeit, die sich nicht ans Vorgeschriebene hält, dieser Sprung in der Partitur „La part de Dieu – der Teil Gottes“. Er schreibt, das sei es, wovon jede Aufführung fast unbewusst bestimmt sei.
Ich finde das wunderbar: Die Noten vollkommen , so exakt wie nur möglich zu spielen – und dann ein kleiner Spielraum, ein kreativer Sprung dazwischen, den er nicht in der Hand hat, die den Bogen führt, der aber alles bewegt und belebt – La part de Dieu – Gottes Teil.
Gott segne uns alle in unserem angestrengten Leben mit jenen kleinen Teil von überraschender Lebendigkeit, der unsere Nacht- und Tagzeit immer erneut so wunderbar werden lässt.

Abendsegen | Sonnabend, 22. Oktober 2022

In den frühen Anfangstagen waren die Frauen und Männer, die an Jesus Christus glaubten, in ihrer Umwelt bekannt als jene, „die dem Weg folgten“. So nannte man sie, die „die dem Weg folgten“, gemeint war der Weg des Jesus Christus. Erst viel später bezeichnete man sie als „Christen“.
Was beim Weg allein zählt, ist das Gehen. Und bei ihnen kam hinzu, dass sie zusammengingen, zusammenlebten, zusammengehörten. Dies Zusammengehören war gegenseitig und allumfassend. Es gab nicht oben unten, Herren und Knechte, sie nannten sich „Schwestern und Brüder“. Das war eine Tatsache und Geschenk. So wurde Dankbarkeit das Merkmal ihrer Lebendigkeit schlechthin. Dankbarkeit wurde ihre Antwort auf das Leben, ganz gleich, was es brachte.
Solche Anfänge hat es häufig gegeben, solche Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit, nach Zuwendung. Füreinander handeln, aufeinander hören, aneinander denken – damit werden Menschen einander gerecht. Die neue Woche wird viele Gelegenheiten dazu geben.

Gott lasse sein Angesicht leuchten über unserer Nacht, er lasse uns nicht aus seiner Hand gleiten, er begleite uns auf unseren Wegen.