Worte für den Tag – Worte auf den Weg | Donnerstag, 25. Juni 2009

„Alles wird gut“, heißt eine Kneipe in Hamburg. Eine kühner Name – wahrhaftig. „Alles wird gut“, beim Hören der Morgennachrichten gewinne ich nicht die Kraft, dem Kneipentitel zuzustimmen. Auf dem multikulturellen Schulhof, im Aufwachzimmer der Intensivstation, auf den Fluren der Arbeitsagentur oder zwischen den Bürotürmen von Opel und Arcandor, ob das gilt: Alles wird gut!? Wo gilt das? Vielleicht im Gebet, wo man niemanden aufgeben oder für verloren erklären muss! „Alles wird gut“, wer kann das behaupten, wo doch auch die besten Absichten oft scheitern, wir immer wieder Fehler machen und selbst beim Helfen sagen: Auch das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein! Aber: Ist nicht alle Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein? Ja, sie ist ein Tropfen, aber sie kann ein Tropfen Ewigkeit sein. Albert Schweitzer hat einmal diese Geschichte erzählt:

Weiterlesen

Worte für den Tag – Worte auf den Weg | Mittwoch, 24. Juni 2009

Die Geschichte spielt in Berlin, im 18. Jahrhundert, und zwar in der Nachkriegszeit. Eine junge Adlige, sie heißt Minna von Barnhelm, sucht ihren Bräutigam, den sie im Krieg verloren hat. Sie findet ihn, und es gibt ein Happyend. Doch die Geschichte ist bitter. Der Bräutigam der jungen Frau hat im Krieg seine körperliche Unversehrtheit, sein Geld und ungerechterweise auch seinen guten Ruf verloren. Jetzt ist er der unerschütterlichen Überzeugung, er könne es Minna nicht mehr zumuten, seine Frau zu werden. Sein Name ist „von Tellheim“, besser: „Major von Tellheim“, aber die Geschichte, die Gotthold Ephraim Lessing erzählt, heißt nach ihr „Minna von Barnhelm“.

Weiterlesen

Worte für den Tag – Worte auf den Weg | Dienstag, 23. Juni 2009

Einmal ist ein Journalist in ein amerikanisches Gehörlosenheim gekommen. Die Menschen saßen vor dem Fernseher und sahen die Rede eines Politikers. Sie lachten pausenlos. Warum sie lachten, da sie doch gar nicht verstünden, wollte der Journalist wissen. Weil er so lügt, erwiderten die Zuschauer, das sieht man doch, wie er lügt… Erinnern Sie sich an die Beweise für Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen, die unter Dattelpalmen versteckten Lastkraftwagen mit den mobilen irakischen Biowaffenlaboren? Nie ist für die Zeichnung von Dattelpalmen so viel Blut geflossen… Ein russisches Sprichwort sagt: „Er lügt wie ein Augenzeuge“. Lügen gehört wohl zu unserem Leben. Ein Kind beginnt früh strategisch sinnvoll zu lügen. Mein Bruder behauptete, als er sechs war, er habe zwei Söhne, 36 und 44 Jahre alt. Und, fragten meine Eltern, machen sie dir Freude? Nur Sorgen, erwiderte mein Bruder. Kinder experimentieren mit Lügen. Ein Kind sagt: „Ich bin so müde“ und wird auf der Wanderung prompt getragen.

Weiterlesen

Worte für den Tag – Worte auf den Weg | Montag, 22.06.2009

Ein Freund erzählte folgende kleine Szene in einem Berliner Bus: An einer Haltestelle stieg ein Mädchen von etwa 10 Jahren ein; es trug einen Schulranzen, einen Turnschuhbeutel – es sah müde aus. Der Bus war voll. Ein älterer Mann stand auf und bot dem Mädchen seinen Platz an. Das Kind bekam einen roten Kopf, setzte sich aber, dankbar. Dem Freund gefiel die Szene, wir sprachen darüber. Was war geschehen? Der alte Mann hatte den Sitz wohl so nötig wie die müde Schülerin. Es hätte ihr kaum geschadet, wenn sie die drei Stationen gestanden hätte, bis sie ausstieg. Ging es um die reale Hilfe? Es ging mehr um die Bezeugung der Höflichkeit und des Respekts. Gewiss hat das Kind in dieser Minute mehr von der Liebenswürdigkeit des Lebens gelernt als in einem Jahr Ethikunterricht. Was war so schön an dieser Szene? Es war ein kleiner Flirt des Alters mit der Jugend. Der Mann hat das Kind angesehen, hat seine Müdigkeit bemerkt. Und die Höflichkeit war sein Zeichen der Anteilnahme. Sein Empfinden und seine Geste stimmten überein.

Weiterlesen

Predigthilfe zum Israelsonntag 2009

Aus dem Vorwort der Predigthilfe zum Israelsonntag 2009:

„Liebe Leserinnen und Leser!

In dem Wissen, dass der Israelsonntag mit dem Nahostkonflikt einerseits nichts zu tun hat, andererseits die Frage nach dem Staat Israel auch immer eine theologische Frage ist, zudem das Hören auf die Stimme Israels in den Tagen nach dem Gazakrieg bzw. den Berichten der israelischen Soldaten aus den letzten Wochen das Hören, Sprechen und Tun der Christen nicht nur am Israelsonntag prägen wird, haben wir uns entschlossen, unserem Ringen mit dem Nahostkonflikt im Geleitwort von Ralf Meister und im Beitrag von Peter von der Osten-Sacken Raum zu geben.“

Aus dem Inhalt

I. Israelsonntag 2009

Die Werke seiner Hände sind Treue und Recht – Psalm 111,7

Israel und Palästina, der Nahostkonflikt und wir
Peter von der Osten-Sacken

»Ein Weiser tröstet uns in seinem Werk«
Bilder von John Elsas
Ingrid Schmidt

Von Gott wissen und Recht schaffen. Hören auf Psalm 111
Helmut Ruppel

Liturgie für den Gottesdienst am 10. Sonntag nach Trinitatis –
Israelsonntag 2009
Helmut Ruppel

angesagt – Alle Menschen. Alle.

Ich sagte in meinem Zittern: „Alle Menschen lügen“
Wochenpsalm 116,11

„Nachtherbergen für die Wegwunden“ waren die Psalmen für Nelly Sachs in einer Welt, die viele ihres Volkes in die „sinnreich erdachten Wohnungen des Todes“ trieb. Die Jüdin aus Tiergarten, Nobelpreisträgerin und (unbekannte?) Ehrenbürgerin Berlins, schrieb dies atemlos, zitternd und empört als Verfolgte und Gehetzte, späte Schwester von Jeremia und Hiob. „Alle Menschen lügen. Alle.“ nennt der Theologe und Schriftsteller Arnold Stadler seine Psalmenübertragungen, die viele Auflagen erreicht haben. Der Satz verschlägt einem den Atem. Aber die Psalmen sind Gebrauchstexte, und was für welche! Sie sind voller Leben, wirklich, nicht buchstäblich. Sie sind schrundig, haben Löcher, brechen ab, schießen hoch, ungefügig, herzzereißend, widersprüchlich, mit schnellem Atem, jubelnd und depressiv. Leider sind sie im Gesangbuch gedruckt, als traktierten sie ein Versmaß oder als könne man sie „im Wechsel“ lesen…Wer im Herzen aufgewühlt, dankbar oder deprimiert ist, spricht nicht „im Wechsel“, sondern schreit, jauchzt, flucht und schwärmt.

Weiterlesen

DAS WORT – 15. MÄRZ 2009

„Wer sind die Menschen, die Lust am Leben haben, die die Tage lieben, um Gutes zu sehen? So bewahre deine Zunge vor Bösem, deine Lippen vor falschen Worten.“
(Psalm 34, 14)
Niemand bestreitet, was der biblische Psalm 34 sagt: Wir gehören zu einem Volk, das gut leben will und schöne Tage sehen möchte. (…) Gott, der Liebhaber des Lebens, gönnt uns ein gutes Leben. Niemand hat das Recht loszulegen: „Wartet nur ab, wenn wir wieder das ärmere Leben beigebracht kriegen wie nach dem Zweiten Weltkrieg!“ Nein, Gott gönnt uns ein gutes Leben und schöne Tage und ein glückliches Alter.

Weiterlesen

Abendsegen 9.2. – 15.2. 2009 rbb 88,8 21.58 Uhr

Gesendet wird der Abendsegen täglich um 21.58 auf rbb 88,8. Es ist ein meditativer Impuls am Tagesende, der mit einer frei formulierten Segensformel schließt. Sonntags gibt es die Möglichkeit, im Anschluss zwischen 22.00 und 23.00 Uhr anzurufen und das Gespräch aufzunehmen.

Abendsegen 9.2. – 15.2. 2009 rbb 88,8 21.58 Uhr

Montag, 9.2. 2009

Wer sich zu jung für eine Ehe fühlt und zu alt fürs freie Alleinsein, wählt die Freundschaft. „Gute Nacht, Freunde“, sagt man nach einem langen, gemeinsam verbrachten Tag, um dann in die eigenen vier Wände zurückzukehren –

dankbar für die erlebte Verbundenheit. Ein „Lob der Freundschaft“ stammt aus der Feder des jüdischen Schriftstellers Elie Wiesel. Er schreibt:

Was ist ein Freund? Die Erfahrung der Freundschaft prägt ein Leben ebenso tief, ja tiefer als die Liebe. Die Liebe läuft Gefahr, in Besessenheit auszuarten. Freundschaft bedeutet Teilhabe. Was ist ein Freund? Dank ihm darfst du schweigen, ohne dich schämen zu müssen.

Ein Sprichwort sagt, dass Freundschaft sich in der Not bewährt. Bei uns sagt man das Gegenteil: Die wahren Freunde erkennt man im Glück, denn nur sie sind nicht eifersüchtig, wenn ihr euch freut.

Der Abend ist die Zeit, für den Tag zu danken und auch für die Freunde, die unsern Weg begleiten.

Gottes Segen für die Nacht und den bevorstehenden Tag komme zu uns.

Weiterlesen

27. Januar Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus

Aus dem Vorwort der Predigthilfe zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialimus

„Liebe Leserinnen und Leser,

das Feiern und das Nachdenken zum 50-jährigen Jubiläum von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) im vergangenen Jahr haben uns einmal mehr – und auch neu – gezeigt, wie nachhaltig das Tun aus und zur Erinnerung die Zukunft von menschlichen Beziehungen verändern kann. Der Satz „Aber man kann es einfach tun“, mit dem Lothar Kreyssig bei der Vorstellung des Gründungsaufrufs zur Aktion Sühnezeichen am Rande der EKD-Synode 1958 in Berlin-Weißensee manche Zweifel an dem Unternehmen zu zerstreuen suchte, scheint so aktionistisch und naiv und ist doch von hoher Komplexität, wie viele Texte der Heiligen Schrift und ihre Exegese beweisen. „

Aus dem Inhalt

I. »Mache an mir ein Zeichen zum Guten« (Psalm 86,17)

»Mein Werk ist dem Frieden gewidmet …«
Dani Karavan und seine Werke in Deutschland
Ingrid Schmidt

»Mache an mir ein Zeichen zum Guten«
Psalm 86 in Auslegung und Auswirkung
Helmut Ruppel

Die komplette Predigthilfe können Sie im Volltext hier als PDF (1,4 MB) herunterladen.

Friedensdekade 2008 und 70 Jahre Novemberpogrome

FriedensdekadeAus dem Vorwort der Predigthilfe zur Friedensdekade 2008 und 70 Jahre Novemberpogrome:

“ … am 9. November 1938 – vor genau 70 Jahren – brannten in Deutschland die Synagogen, Torarollen wurden geschändet, jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert, Juden öffentlich gedemütigt und umgebracht. Dieses Datum ist für uns Deutsche, insbesondere für uns Christen ein schwieriges Datum. Allein die Tatsache, dass so etwas ungehindert geschehen konnte in einem Land, das sich zum »christlichen« Abendland zählt, in dem die Mehrheit der Bevölkerung getauft war, könnte einen massiv am Christentum zweifeln lassen.“

Aus dem Inhalt

»Ein Panzer ist kein Omnibus, und Bomben sind kein Brot«
Micha 4,1-5 – Textanalyse und Predigtanstöße
Helmut Ruppel

»Gerechtigkeit und Frieden küssen sich«
Friedenssonntag und Pogrom gedenken.
Am 9. November: Ein geschärfter Blick auf ein vertrautes Wort
Helmut Ruppel

Liturgie für den ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938
Helmut Ruppel

Die komplette Predigthilfe können Sie im Volltext als PDF herunterladen: friedensdekade08.pdf (pdf, 1,6MB).