Ein Freund erzählte mir folgende Begebenheit: „Vor wenigen Jahren erhielt ich eine Einladung, vor einem Schulkollegium ein Seminar zu halten, das Thema durfte ich selbst wählen. Der Termin lag nahe beim 1. Mai, so wählte ich das Thema „Arbeit in der Bibel“, also „Die Welt der Arbeit in der Welt der Bibel“, das passe zum „Tag der Arbeit“. Es gab freundliche Reaktionen – das sei gerade richtig. Am Morgen des Treffens wurde ich erwartungsvoll begrüßt, alle freuten sich auf das Seminar zum Thema: „Arbeit mit der Bibel“. Ein…Versprecher? Nein, im Programm stand „Arbeit mit der Bibel“, „Bibelarbeit“ eben, Werte in der Bibel entdecken und für heute entfalten…“, so weit seine Geschichte.
Editor
Nicht zu glauben! – Gangart: Hinkend
Ist es die dunkelste Geschichte des Alten Testamentes? Der Gotteskampf am Jabboq in tiefer Nacht, umschlingend und ringend will Jakob den Segen vom Gegenüber. Mit Gott von Angesicht zu Angesicht kämpfen geht nur mit Blessuren ab: „Da ging ihm die Sonne auf…er aber hinkte an seiner Hüfte“ (1. Mose 32, 32). Groß denkt die Geschichte von Jakob, nun heißt er Israel, Gottesstreiter. Hinkend übt er den aufrechten Gang, vielleicht die einzige Möglichkeit… Schneidend scharf dagegen das Jakobsbild beim Propheten Hosea: in Kapitel 12, 1-10 wird aus dem Gotteskämpfer Jakob-Israel ein Gottesbetrüger, der nur Lüge, Trug und Tyrannei kennt. Er hinkt und schwankt zwischen Großmächten. Da kommt Gott kommt zum Rechtsstreit, betrog Jakob nicht schon im Mutterleib? Und der Segen endet im Flehen um Gnade: „Er weinte und flehte den Engel um Gnade an“ (V.5). Hosea streicht scharf das schauerlich-schöne Jakobsbild durch. Jakob-Israel – ein Gottes- und Selbstbetrüger; die Schärfe Hoseas ist nicht zu glauben! Was bleibt? Höre, Jakob: „Hingabe, Recht und Hoffnung“ (V.7) Dann wirst du wieder Gott begegnen, hinkend.
Nicht zu glauben! – Nie mehr siegen müssen!
Heilig Abend haben wir es wieder gehört: “Der Wolf wird beim Lamm als Flüchtling unterkommen, der Leopard beim Böckchen lagern. Der Säugling wird vergnügt am Loch der Kreuzotter spielen; und nach der Höhle der Giftschlange wird das Kleinkind mit seiner Hand patschen“ – Jesaja 11 erzählt vom friedlichen Zusammenleben bisheriger Todfeinde im Bild vom „Tierfrieden“.
DAS WORT – 4. Februar 2007
Seid stark und euer Herz sei mutig – alle, die ihr euch auf Gott verlasst
Psalm 31,25
Er war erst sechzig, als es ihn erwischte: Schlaganfall, rechtsseitige Lähmung, Sprachverlust. In der Rehabilitation tat man alles – mit wenig Erfolg. Gehen war unmöglich, sprechen konnte er bloß ein paar schwer verständliche Worte, die rechte Hand begann sich zu verbiegen – der Eintritt ins Pflegeheim war unumgänglich.
Da gab es einen Trotz in ihm, eine Trotzenergie. Er hatte genaue Vorstellungen von dem, was er brauchte: Unbedingt einen motorisierten Rollstuhl, um selbständig ausfahren zu können.
„Ist das nicht zu gefährlich?“, fragte die Pflegedienstleiterin.
„Was er im Kopf hat, setzt er auch durch“, antwortete seine Frau, aus Erfahrung.
So war es – er gab nicht nach, bis das Gerät vor ihm stand. Er ließ sich hineinsetzen und begann im Haus und im Garten herum zu kurven. Bald fuhr er auch in den Ort. Und – baute prompt einen Unfall, stieß mit einem Auto zusammen. Das bekam ein paar Kratzer am Lack und er ein paar Schrammen im Gesicht und an den Armen.
„Wie kann man einen Menschen in diesem Zustand allein auf die Straße lassen!“, brummte der Polizist, der ihn ziemlich erstaunt zurückbrachte.
„Wir können ihn ja nicht einsperren!“, sagte die Pflegedienstleiterin.
„Wie ich ihn kenne, wird er bald wieder ausfahren“, seufzte seine Frau.
Mit Verbänden an Kopf und Armen blickte er aus dem Bett zu ihr empor und lachte und nickte.
Nicht zu glauben! – Satanische Reizungen
“Zerbrich das Fass, aber bewahre den Wein!”, wer kann das? Machen wir gleich ein Experiment: Mit einem geht das: Hiob. Die Bibel, Bestseller ohne Leser, müsste wegen dieser Wette mal aufgeschlagen werden, in der „Bibel in gerechter Sprache“ steht „Hiob“ in der Mitte… Gott möchte beim himmlischen „Audienztag“ (Köckert) dem Satan zeigen, dass der fromme Hiob sein vollkommener Mensch ist!
Nicht zu glauben! – „Terrorphantasien“
Ach, es fing so schön an und wir summten es: „By the rivers of Babylon“, Boney M, heiter, hell und harmlos. Aber, las niemand den Schluss vom Psalm 137?
„Tochter Babel, du Gewalttätige: Selig, wer dir vergilt deine Taten, die du uns angetan! Selig, wer packt und zerschmettert deine Kinder am Felsgestein!“
Worte für den Tag | Sonnabend, 2.12.2006
Ein düster verhangener Abend im frühen Herbst, die Dorfstraße auf der Grenze zwischen Berlin und Brandenburg ist schlecht beleuchtet, es regnet unaufhörlich. Wo ist das evangelische Gemeindehaus? Doch, es gibt eins, ein Lichtschein lädt ein und die Tür ist unverschlossen, aber es muss der Hintereingang sein, denn an der ersten Zimmertür steht: „Küche! Zutritt nur für Berechtigte!“ Nun mag es hundert gescheite Gründe für diese barsche Begrüßung geben, nur: Einladend ist sie nicht. In der Bibel wird man diesen Ton nicht finden! Gewiss, ich kenne kirchliche Amtsstuben, auch sehr bedeutende, in denen auf jeder Stirn geschrieben steht: „Was immer du auf dem Herzen haben mögest, lieber Christ, fasse dich kurz, wir sind hier vollbeschäftigt!“ Freundlichkeit und Höflichkeit, Grüßen und Begrüßen werden als Schmuck des Christentums nicht immer angelegt.
Worte für den Tag | Freitag, 1.12.2006
Die letzte Woche des Kirchenjahres geht zu Ende, eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. (..) Eine kühne Bilanz hat die polnische Dichterin Wislawa Szymborska gezogen. Sie ist Krakauerin, Jahrgang 1923, hat den Nobelpreis für Literatur und viele Auszeichnungen bekommen. Nun einige Zeilen aus ihrem Gedicht „Das Ende eines Jahrhunderts“:
„Zu viel ist geschehen, was nicht hat geschehen sollen, und was hat kommen sollen, kam leider nicht…Einige Unglücksfälle sollten nicht mehr geschehen, zum Beispiel Krieg und so.
Worte für den Tag | Donnerstag, 30.11.2006
Die Bibel erzählt vom Propheten Jona; der der Stadt und dem König von Ninive den Untergang ansagte. Der König rief ein Fasten für Menschen und Tiere aus und sagte: „Wer weiß! Vielleicht lässt es sich Gott gereuen und wendet sich ab von seinem Zorn, dass wir nicht verderben!“ „Wer weiß!“, sagte der König; das gefiel meinem Freund sehr gut. „Wer weiß“ – das sollten auch die Christen öfter sagen, meinte mein Freund. Denn er beklagte den christlichen Gottesdienst und die Predigten: alle Aussagen seien irgendwie erwartbar. Käme das Wort Sünde, folge ihm sofort das Wort Vergebung, fiele das Wort Schuld, folge ihm die Gnade auf dem Fuße. Und immer sei die Predigt auf Jesu Seite. Es gäbe kein „Wer weiß!“, kein Zögern, keinen langsamen Schritt. Seine Schlussbemerkung versetzte mir einen Stich: „Vielleicht sind die Predigten deswegen so langweilig, weil ihr Gott zu früh recht gebt“.
Worte für den Tag | Mittwoch 29.11.2006
Sie weiß nicht mehr, wie alt sie ist, wie sie heißt. Sie kennt ihre Kinder und Enkel nicht mehr, und wenn sie das Haus verlässt, findet sie den Heimweg nicht. Sie kommt nicht mehr ohne Hilfe ins Bett, das Essen wird ihr teilweise eingegeben, sie spricht keinen ganzen Satz. Aber sie kann noch gehen, braucht weder Stock noch Rollator. Letzte Woche ist sie gestürzt. „Ich tippe auf Oberschenkelhalsbruch“, sagte der Hausarzt, „muss geröntgt werden.“ „Ist das wirklich nötig?“, fragte ihr Sohn. „Wenn sie wieder gehen können soll!“. „Aber wird sie das können?“, fragte die Schwiegertochter. „Wir hoffen es“, sagte der Arzt. Sie wurde ins Krankenhaus gefahren, ratlose Furcht stand auf ihrem Gesicht. „Oberschenkelhalsbruch“, sagte der Röntgenarzt, „Operation muss sein!“ „Wirklich?“, fragte der Sohn. „Wir können die Frau doch nicht einfach liegenlassen“, erwiderte der Arzt. „Was geschähe dann?“ „ Sie würde rasch eine Lungenentzündung bekommen und sterben“. „Du willst doch das Beste für deine Mutter“, sagte seine Frau. Er sah sie an. „Wenn ich nur wüsste, was das Beste ist“