Das Wort – Dienstag, 21. August

Ein Rabbi, ein jüdischer Bibelgelehrter, wurde gefragt: „Stell dir vor, das Haus brennt und du könntest nur eine einzige Sache retten. Was würdest du retten?“. Er antwortete: „Das Feuer“.

Das Feuer? Nicht die Ausweise, Unterlagen, Versicherungspolicen? „Das Feuer“? Eine zündende Antwort, und nach weiterem Nachfragen, ich bin mir sicher, hätte er gesagt: „Es gibt in der Bibel beim Propheten Jeremia die Frage Gottes: Ist nicht so mein Wort: wie ein Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt?“

Weiterlesen

Das Wort – Montag, 20. August

Heilige sind zwielichtige Gestalten. Am besten, man fragt zuerst, wer sie heilig gesprochen hat. Ich sag’s sehr vorsichtig: Von den Gläubigen in El Salvador, nicht aber von Rom, wurde Oscar Romero heilig gesprochen. Er hat als Bischof die Armen verteidigte und sich gegen die Mörderbande der Militärjunta gewandt. Bei einem Gottesdienst wurde er ermordet.. Die Erinnerung an ihn, an Dietrich Bonhoeffer, an Martin Luther King sind wie Briefe aus der Ferne, die einem helfen, die Gegenwart zu erkennen und zu sehen, was sie hat und was ihr fehlt. Das sind Heilige: Briefe aus der Ferne, und wer sie lesen kann, braucht nicht mit seinem Mut und mit seiner Hoffnung anzufangen – das ist eine große Lebenserleichterung: wir sind nicht Ersten. Zahlreiche Krankenhäuser und christliche Gemeinden tragen den Namen der Heiligen Elisabeth. Wir feiern ein „Elisabethjahr“, weil sie im Jahre 1207 in Ungarn geboren wurde. Ihr Leben ist ein solcher Brief aus der Ferne, den wir nach 800 Jahren aufmerksam lesen, wird sie doch die „Nationalheilige“ der Deutschen genannt – ein kräftiger Kontrast zum „deutschen Michel“, zwar vom Erzengel Michael hergeleitet, aber im Gegensatz zu ihm mit einer Schlafmütze verbunden.

Weiterlesen

Nicht zu glauben! – Küssen oder kämpfen?

Zuweilen wird in dieser Spalte gegrummelt und geseufzt, zuweilen werden Entdeckungen gemacht und eingeübte Sichtweisen neu justiert – gelacht wird selten. Heute soll es zumindest um ein Lächeln gehen…Da heißt es im Psalm 85,11 „Gerechtigkeit und Frieden küssen sich“. Paul Gerhardt singt in „Herr, du vormals hast dein Land…“ (EG 283): „Die Güt und Treu werden schön einander grüßen müssen; Gerechtigkeit wird einhergehn, und Friede wird sie küssen“. Im verwehten Programm der Ökumenischen Bewegung „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ war das anschauliche Bild ein biblischer Beleg, in ihm kam zusammen, was nie zusammen gehen wollte.

Weiterlesen

Glück, unermesslich

Zu den unerschöpflichsten Liebesgeschichten gehören die zwischen Menschen und Büchern. Nur eine Diktatur wie zum Beispiel die Perons in Argentinien konnte 1950 Demonstranten skandieren lassen: Schuhe ja, Bücher nein!“. Der Gegensatz zwischen Lesen und Leben ist von den Mächtigen immer geschürt worden – der Gedenkort für die verbrannten Bücher vom Mai 1933 auf dem Berliner Bebelplatz gehört zu den eindrücklichsten der Bundeshauptstadt. Aber Lesen ist wie atmen“, sagt Alberto Manguel in seiner unvergleichlichen Bücher-Schatzkammer Eine Geschichte des Lesens“ (Berlin 1998), deshalb war auch der Slogan mancher 68er Hört mit den Zitaten auf“ als Spitze gegen akademische Zitierkartelle kurzzeitig witzig, aber das Leben des Lebens“ gegen das Leben des Buchstabens“ zu stellen, ruft mit seiner vitalistischen Willkür unangenehme Erinnerungen wach. Ob es aus der Romantik stammt, dass das Selbst sich aus sich heraus entwickeln kann und nicht von einer Buch-Autorität erzogen werden soll? Es regiert unter Studierenden (auch der theologischen Disziplin!) eine derartige Unlust dem Lesen gegenüber, dass die Lesenden fast schon wie eine aussterbende Art angesehen werden müssen. Der Teilzeitleser“, der halbe“ Leser, der gegen irgendeine Geräuschkulisse anlesende Leser, der in der Wartehalle des Flughafens sein ausgelesenes Taschenbuch achtlos liegen lässt – es wird ihn häufiger geben.

Weiterlesen

DAS WORT – 05. Mai 2007

Anfang Juni findet in Köln der 31. Deutsche Evangelische Kirchentag statt unter der Überschrift „Lebendig und kräftig und schärfer…“ Diese Worte aus der Bibel lauten im Zusammenhang: „Ja, das Wort Gottes ist lebendig, kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, es dringt durch Seele und Geist und geht durch Mark und Bein“. Ich hoffe, dass auch viele Menschenworte auf diesem Kirchentag lebendig und kräftig und scharf sind. Von einer Stimme auf vielen Kirchentagen konnte man das immer sagen: Es war Dorothee Sölle, die mit ihren Bibelauslegungen der Schärfe des Wortes Gottes Gehör verschaffen wollte. Sie kämpfte mit der Kraft des Wortes Gottes gegen den gottlosen Satz: „Ich kann ja sowieso nichts machen!“.

Weiterlesen

DAS WORT – 04. Mai 2007

Wollen wir etwas sehr stark ausdrücken, sagen wir: Es schreit zum Himmel! Die Ungerechtigkeit auf der Erde schreit zum Himmel: Während die einen danach trachten, dass sie dem Überfluss immer mehr abgewinnen, sehen die anderen, dass die Welt sie vergessen hat und ihre Kinder an Hunger sterben. Die Welt unterwirft sich, ohne weiter zu fragen, den Gesetzen des Geldes. Wir können erkennen, wohin Geld strömt und wo der Absturz in die Verelendung geschieht. Schlimm ist die behauptete Unvermeidlichkeit des Ganzen: Eine Grundeinsicht setzt sich durch: „Man kann dagegen nichts tun, das ist zwangsläufig so.“

Weiterlesen

Nicht zu glauben! – Gott – abhängig?

In wenigen Wochen beginnt in Köln der 31. Deutsche Evangelische Kirchentag. Zu den die Kirchentage mitprägenden Bibeltexten zusammen mit der Losung – „Lebendig und kräftig und schärfer…“ – und den Bibelarbeitstexten gehört auch ein „Kirchentagspsalm“. Die Bibelarbeitstexte bündeln kräftige und scharfe Herausforderungen: Die Prüfung Jesu (Matthäus 4), der Propheten (Jeremia 23), der Athener Philosophen (Apostelgeschichte 17), der Kanaanäerin (Matthäus 15) und Elias (1. Könige19). Überall erweist sich das Wort Gottes als lebendig, kräftig und schärfer als ein zweischneidiges Schwert. Aufregend ist der Schluss des 33. Psalms (in der Kirchentagsübersetzung):
„Deine Freundlichkeit, Adonaj, komme uns entgegen – wie wir dich erwarten“.

Weiterlesen

DAS WORT – 03. Mai 2007

Einer, der im Winter durch deutsche Landschaften gefahren ist, sagt: Es gibt inzwischen Dörfer, da gehen morgens keine Lichter mehr an. Die Arbeitslosigkeit lässt ganze Landschaften veröden. Und während er das beobachtet, beschließt ein Konzern, der einen Milliarden-Gewinn eingefahren hat, bis zu 10 000 Arbeitsplätze “abzubauen“, wie er sagt. Er baut Arbeitsplätze ab, um den Wert des Unternehmens zu steigern. Je mehr Arbeitsplätze vernichtet werden, desto kräftiger sind die Kursgewinne. Es macht mir Mühe, dieses zynische Spiel zu begreifen. „Das gehört zu den selbstverständlichen Spielregeln. Das ist (..) unvermeidlich“, wird mir erwidert.

Weiterlesen

DAS WORT – 02. Mai 2007

„Sein ganzes Leben war Arbeit“ – nicht selten liest man diesen und ähnliche Sätze in Todesanzeigen oder hört sie bei Traueransprachen. Das ist ganz positiv gemeint. Nach biblischem Verständnis von Arbeit und Ruhe hätte man dagegen etwas sehr Trauriges gesagt: Ein Mensch, dessen ganzes Leben Arbeit war, hat nur ein halbes Leben geführt, denn die Ruhe schließt die Arbeit ab, Arbeit ohne Ruhe ist nach der Bibel unvollständig. So ist nach der biblischen Schöpfungsgeschichte nicht der Mensch die Krone der Schöpfung, sondern die Ruhe am siebenten Tag.

Weiterlesen